D O C E M U S 2 0 2 5 A K T U E L L E S Sandra Steinfurth Campus Blumberg Petra Katz Campus Grünheide Silke Lubitz Campus Neu Zittau Frank Kurbjuhn Campus Neu Zittau nach der Angst vor Kriegen. Somit ist deutlich, dass Ver- getrieben werden, wird mit dieser Idee von Schule große Petra Katz: Für mich ist Schule ein sozialer Ort, der mehr änderungen dringend nötig sind und wir an der Art und Schwierigkeiten haben. ist als ein Lernraum. Ein Ort, an dem man gern ist, weil Weise, wie wir unterrichten, ganz grundsätzlich etwas Petra Katz: Ich sehe das ganz ähnlich. Wenn man Schü- dort die sozialen Kontakte sind, weil man seinen Neigun- ändern müssen. ler nicht nur fachlich, sondern auch persönlich begleitet, gen und Interessen nachgehen kann und weil sich dort Wir haben das im Kollegium diskutiert und sind dabei, entstehen andere Beziehungen. – Vertrauensvoller, in- Ideen zu sammeln. Gerade bereiten wir die ersten struk- tensiver. turellen Schritte vor: andere Raumkonzepte, neue Lern- Und wenn wir dann die Möglichkeit haben, mit den Schü- formate, mehr Selbstorganisation – alles gemeinsam mit lern auch auf einer anderen Ebene ins Gespräch zu ge- den Kolleginnen und Kollegen und, was ich sehr wichtig finde, auch in Abstimmung mit unseren Schülern. hen – etwa im Bereich Selbstorganisation, Tagesstruktur oder sozialem Umgang – dann entsteht eine ganz andere Nähe. Die Schüler erleben uns als echte Vertrauensperso- nen und ich freue mich sehr auf diese neue Qualität der Studien zeigen, dass schulischer Beziehung. Leistungsdruck inzwischen eine der größten Sorgen und Belastungen Jugendlicher ist. Veränderung gelingt nicht allein durch das Direktorat. Wie ist die Stimmung im Kollegium – und welche Rolle spielen dabei die Campusentwickler? Frank Kurbjuhn: Eine ganz zentrale. Unsere Campusent- das Leben abspielt. Silke Lubitz: Ich hoffe, dass wir die Schüler in ihrer Indi- vidualität noch viel stärker begleiten – auch in dem Be- wusstsein, dass Scheitern dazugehört. Nicht jeder muss in allem glänzen. Wenn ein Schüler in Mathe kämpft, aber in Sprachen aufblüht, dann muss das auch in der Schulstruktur sichtbar und wertgeschätzt werden. Es ist ein Prozess, der je nach Jahrgang unterschiedlich aussehen wird. wickler sind Bindeglieder zwischen Direktorat und Kolle- Frank Kurbjuhn: Ich wünsche mir ein Lehrer-Schüler-Ver- Neu Zittau ist ebenfalls mitten im Prozess. Womit sind gium. Sie nehmen Ideen aus dem Team auf, hören zu und hältnis, das nicht auf Druck basiert, sondern auf Interes- Sie gestartet? Frank Kurbjuhn: Ganz klassisch: mit Ausprobieren. Sil- ke Lubitz und ich haben in der Oberstufe angefangen, unsere Stunden in Deutsch und Geschichte anders zu ge- stalten. Selbstorganisiertes Lernen, flexible Aufgabenfor- mate. Und das war wie ein kleiner Schneeball: Kollegen tauschen sich bei uns in Neu Zittau einmal pro Woche mit den Lehrkräften im Lehrercafé ganz zwanglos über Ideen, aber auch Sorgen aus. Sandra Steinfurth: Ich sehe hier auch eine Stärkung der Rolle unserer Campusentwickler. Wie der Name schon sagt, sind sie maßgeblich an der Gestaltung und Entwick- wurden neugierig, wollten wissen, wie wir das machen, lung unseres Standorts beteiligt. Viele Kollegen wenden probierten selbst etwas aus. Inzwischen planen wir den sich auch lieber erst mal an sie, wenn sie etwas auspro- se. Es wäre doch wirklich toll, wenn die Schüler Schule als Teil ihres Umfeldes sehen können, in dem sie sich ganz ungestört bewegen und entspannt die Sachen lernen, die sie wirklich verstehen wollen. Sandra Steinfurth: Ich sehe eine Schule mit offenen Lernumgebungen, flexiblen Strukturen, in denen jeder sich auch wiederfindet und entfalten kann. Schüler, Leh- rer, Eltern – wir gestalten gemeinsam. Und die Schule Start mit neun Klassen zum kommenden Schuljahr: die bieren wollen – das ist kollegialer, niederschwelliger. So verändert sich mit uns. drei 7. Klassen, die 10. Klasse des Gymnasiums, die bei- entsteht eine echte Entwicklung von unten nach oben. Jens Brügmann: Mein Idealbild? Schüler, die morgens den 11. der Fachoberschule sowie die drei 12. Klassen. Silke Lubitz: Insgesamt hat die Neuausrichtung im Kol- aufstehen und sagen: Ich gehe gern in die Schule, weil Aber klar ist auch: Wir sind mitten im Prozess. Da wird legium einen sehr positiven Widerhall gefunden – auch ich dort etwas lerne, das mich weiterbringt. Weil ich nicht alles sofort funktionieren – und das ist auch in Ord- mit dem Bewusstsein, dass wir es nicht ad hoc umsetzen dort ernst genommen werde. Und Lehrer, die mit Freude nung so. Wir lernen als Schule gemeinsam. können. Allen ist klar: Es ist ein Prozess, der je nach Jahr- gang unterschiedlich aussehen wird. Viele Kolleginnen und Kollegen brennen regelrecht darauf, loszulegen – ob arbeiten, weil sie gestalten dürfen. Schule als Lebens- ort – nicht als Pflichtveranstaltung. Ich stelle mir vor, dass Schülerinnen und Schüler selbstständig in der Schule ler- bei der Raumplanung oder in der inhaltlichen Ausgestal- nen, weil sie es wollen – vielleicht bauen sie im Physik- tung. Und auch von den Schülern, die an der Infoveran- raum ein Projekt weiter oder trainieren in der Sporthal- Wenn sich Unterricht verändert, verändert sich auch das Verhältnis zwischen Lehrkräften und Schülern und sicherlich ebenso die Rolle des Lehrers. Was bedeutet das für das Selbstverständnis im Kollegium? Jens Brügmann: Es geht nicht mehr primär um Stoff- vermittlung, sondern um Prozessbegleitung. Die Lehrer staltung teilgenommen haben, kam eine starke Rück- meldung. Sie sind, wie man so schön sagt, „on fire“ – das wirkt zurück ins Kollegium und motiviert zusätzlich. le, auch abends oder am Wochenende. Sie können das, weil sie Verantwortung übernehmen – und selbst einen Schlüssel zur Schule haben. Wenn das gelingt, haben wir brauchen ein echtes Gespür für ihre Schüler und müs- alles richtig gemacht. sen ihnen etwas zutrauen. Das heißt: weg von Kontrolle, hin zu Vertrauen – und zwar im Voraus, ohne Garantie. Dafür braucht man ein sehr positives Menschenbild. Wer Zum Schluss möchten wir den Blick noch einmal in die Zukunft richten. Welche Vision steht über diesem Pro- zess? Wie sieht „Schule“ bei Docemus in fünf oder zehn meint, Schüler seien grundsätzlich faul und müssten an- Jahren aus? 5